Schwerpunkt der Nutzung von Informationstechnologien
Zur Darstellung des Schwerpunkts
der Nutzung von IT in Unternehmen lässt sich z.B. auf die von Michael
Porter entwickelte Darstellung der Wert(-schöpfungs-)kette eines Unternehmens
zurückgreifen (vgl. Porter 1985). Porter unterscheidet zwischen primären und
sekundären Aktivitäten. Diese Strukturierung, die ggf. an die Branche
anzupassen ist, lässt sich nutzen, um die Verortung wichtiger IT-Systeme im
Unternehmen darzustellen. Abbildung 1 zeigt am Beispiel der Medienindustrie,
wie einzelne primäre Aktivitäten durch Anwendungssysteme unterstützt werden.

Abb. 1: Anwendungssysteme für Medienunternehmen (in
Anlehnung an Mertens et al. 2017)
Ebenfalls von
Michael Porter stammt ein Modell zur Analyse der Verbindung zwischen den
Wertketten unterschiedlicher Unternehmen (vgl. Porter 1985). Dieses Modells
stellt plakativ die Verknüpfung der wichtigsten primären Aktivitäten eines
Unternehmens mit den Aktivitäten vorangehender bzw. nachgelagerter Wertschöpfungsschritte
dar. Ein Beispiel, wie IT die Wertkette aufeinanderfolgender Unternehmen beeinflusst,
stellen Verfahren zum elektronischen Datenaustausch (EDI) in der
Automobilindustrie dar. Solche elektronischen Schnittstellen sind Voraussetzung
für eine Vernetzung einzelner Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette – sei
es vor dem Hintergrund von Lieferantenketten, in gemeinsamer Forschungs- und
Entwicklungsarbeit oder im Vertrieb – und bilden damit eine wichtige
Voraussetzung für das erfolgreiche Zusammenspiel der einzelnen
Wertschöpfungsschritte.
Umfang der Nutzung von Informationstechnologien
Schwieriger ist die
Bestimmung des Umfangs der Nutzung von IT durch Unternehmen. Von
einem technischen Ausgangspunkt kommend, setzt eine derartige Betrachtung an
den Aufgaben eines Unternehmens an, ggf. ergänzt durch die verarbeiteten Daten.
Sind alle Aufgabe auf den Computer übertragen (und alle Daten maschinell
gespeichert), dann ist ein Unternehmen vollständig digitalisiert. In diesem
Sinne sind z.B. die Betreiber von sozialen Netzwerken vollständig
digitalisiert, der Betreiber eines Zementwerkes ist es dagegen weniger.
Denkbar ist auch eine
finanzielle Perspektive. Danach misst sich der Grad der Digitalisierung eines
Unternehmens nach den Ausgaben für IT– ggf. in Beziehung z.B. zu den Ausgaben
insgesamt oder zu den Einnahmen zu setzen. Derartige Größen geben dem
Management erste, relativierende Hinweise, gerade im Vergleich zu Unternehmen
gleicher Branche und Größe. Weitergehende Einsichten lassen sich so jedoch nicht
ableiten.
Einen anderen Weg
gehen Ansätze, die die Durchdringung einer Unternehmung mit IT-Systemen als
„Grad der digitalen Reife“ interpretieren. Im Kern versuchen derartige Ansätze
festzustellen, in wie weit ein Unternehmen insgesamt oder in einzelnen
Bereichen die grundsätzlich verfügbaren Lösungsansätze adaptiert hat. In diesem
Sinne hat z.B. ein Rundfunkanbieter aktuell einen hohen Grad digitaler Reife in
seinem Kerngeschäft, wenn er seine Inhalte als Stream auf unterschiedlichen
Kanälen bereitstellt, den ausstrahlungsunabhängigen Konsum von Inhalten
erlaubt, über ein Empfehlungssystem seinen Kunden spezifische Vorschläge zur
Auswahl von Inhalten anbietet und ggf. über ein Rechteschutzsystem den Zugang
zu den Inhalten sicher kontrolliert. Analog lässt sich die digitale Reife eines
Versicherungsunternehmens anhand des Onlineanteils im Vertrieb oder der
Blindverarbeitung in der Schadensabwicklung beurteilen. Manche Ansätze zur
Bestimmung der digitalen Reife verlangen zusätzlich einen hohen Reifegrad bei
der Etablierung von Managementkonzepten für die systematische Bewältigung des
digitalen Wandels, etwa durch die Definition von Prozess- und
Rollenmodellen.
Öknomische Bedeutung von Informationstechnologien
Schon relativ lange
beschäftigt sich die Forschung mit der Frage der differenzierenden Bedeutung von
IT-Systemen für ein einzelnes Unternehmen. Nach aktueller Einschätzung (siehe
z.B. Melville 2004) kann eine differenzierende Wirkung u.U. von wenigen Applikationen
durchaus ausgehen, so z.B. von einem besonders ausgefeilten
Produktionsplanungssystem eines Maschinenbauers oder von einem intelligenten
Algorithmus als Kern des Suchdienstes eines Suchmaschinenanbieters. Viele
andere Teile der IT-Landschaft eines Unternehmens, sowohl bei den Applikationen
als auch insbesondere bei der IT-Infrastruktur, nehmen dagegen heute den
Charakter von „Hygienefaktoren“ ein, d.h. sie müssen in einem angemessenen
Kostenrahmen funktionieren, haben aber keine differenzierende Wirkung.
Ob steigende
IT-Investitionen auch zwangsläufig zu steigender Produktivität und Rentabilität
in Unternehmen führen, wird breit diskutiert. Teilweise wurde sogar ein
negativer Effekt steigender IT-Investitionen beobachtet, dieses Phänomen wird unter
dem Stichwort „Produktivitätsparadoxon“ diskutiert. Neuere Studien – die
insbesondere methodische Probleme überwunden haben - bestärken allerdings die
Ansicht, dass IT-Investitionen sowohl auf makro- als auch mikroökonomischer
Ebene einen positiven Effekt haben. Interessanterweise zeigt sich allerdings,
dass die Stärke des Effekts, beziehungsweise der Erfolg der Investitionen
zwischen verschiedenen Ländern, Wirtschaftszweigen und auch Einzelunternehmen,
stark variiert und von der Qualität des Managements stark beeinflusst wird (vgl.
Mertens et al. 2017).
Literatur
Melville,
N., Kraemer, K., Gurbaxani, V.: Review: Information Technology and
Organizational Performance: An Integrative Model of IT Business Value. MIS Quarterly (2004),
28:2, S. 283-322.
Mertens, P., Bodendorf, F., König, W., Picot, A., Schumann, M., Hess,
T.: Grundzüge der Wirtschaftsinformatik (2017). Springer-Verlag,
12. Auflage.
Porter, M.
E.: Competitive Advantage: Creating and Sustaining Superior Performance.
New York (1985).
Autor
Prof. Dr. Thomas Hess, Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien, Ludwig-Maximilians-Universität München
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