KapazitätsabgleichGegenstand des Kapazitätsabgleichs ist die Beseitigung des Auseinanderfallens von Kapazitätsangebot und -nachfrage. Die in diesem Zusammenhang zur Verfügung stehenden Maßnahmen werden in diesem Beitrag beschrieben. GrundlagenIm Rahmen des Kapazitätsabgleichs sind die im Planungsschritt der Kapazitätsplanung sichtbar gewordenen Überauslastungen, aber auch drastische Unterauslastungen durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen. Dazu stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung [Kurbel 2016, S. 126-128; Vahrenkamp 2008, S. 186-187; Zäpfel 2001, S. 190-193: Schweitzer 1994, S. 689-690]:
Anpassung des Kapazitätsangebots an die KapazitätsnachfrageFür die Anpassung des Kapazitätsangebots an die Kapazitätsnachfrage stehen die folgenden Möglichkeiten zur Verfügung [Kiener et al. 2012, S. 267-269; Günther/Tempelmeier 2012, S. 229]:
Die zeitliche Anpassung bietet dabei tendenziell die umfassendsten Möglichkeiten der Kapazitätsanpassung. Dagegen sind einer intensitätsmäßigen Anpassung in der Praxis meist enge Grenzen gesetzt. Zudem ist diese Anpassungsform häufig mit erhöhtem Verschleiß, Betriebsstoffverbrauch und Ausschuss verbunden. Die Möglichkeiten einer quantitativen Anpassung beschränken sich weitgehend auf die personellen Kapazitäten. Sie sind umso größer, je geringer die Qualifikationsanforderungen oder je höher der Grad der Mehrfachqualifikation der Mitarbeiter ist. Anpassung der Kapazitätsnachfrage an das KapazitätsangebotZur Anpassung der Kapazitätsnachfrage an das Kapazitätsangebot können folgende Maßnahmen ergriffen werden [Kiener et al. 2012, S. 269-271; Nebl 2011, S. 716-720]:
Die beschriebenen Maßnahmen lassen sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen. So ist mit einer intensitätsmäßigen Anpassung stets gleichzeitig eine Stauchung von Arbeitsgängen verbunden. Das Ausweichen auf andere Betriebsmittel kann auch als quantitative Anpassung des Kapazitätsangebots an die Kapazitätsnachfrage interpretiert werden. Eine weitere Maßnahme des Kapazitätsabgleichs, die sich nicht eindeutig einer der beiden Gruppen von Maßnahmen zuordnen läßt, ist das Hinausschieben oder Vorziehen von geplanten Instandhaltungsmaßnahmen. Ferner ist erkennbar, dass sich einige der beschriebenen Maßnahmen mit Maßnahmen der Durchlaufzeitverkürzung decken: Die Stauchung kritischer Arbeitsgänge durch Erhöhung der zugewiesenen Kapazitäten pro Teilperiode entspricht dem Splitting. Die Reduzierung der Übergangszeiten zur Stauchung von Fertigungsaufträgen wurde ebenfalls als Methode der Durchlaufzeitverkürzung genannt. Das gleiche gilt für die Losverkleinerung bzw. Losteilung. Algorithmen zur Durchführung des KapazitätsabgleichsDie Bewerkstelligung des Kapazitätsabgleichs stellt ein überaus anspruchsvolles Optimierungsproblem dar [Hoitsch 1993, S. 461-464; Kurbel 2016, S. 130-131; Zäpfel 2001, S. 193]. Mathematische Formulierungen des Kapazitätsabgleichsproblems auf Basis der Netzplantechnik und exakte Lösungsverfahren dafür (z.B. graphentheoretische Verfahren, Branch-and-Bound-Verfahren) werden in der Literatur zwar vorgestellt [Zäpfel 1982, S. 236-239; Günther/Tempelmeier 2012, S. 219-223; Fandel/Fistek/Stütz 2011, S. 689-690; Zimmermann/Stark/Rieck 2010, S. 205 ff.], besitzen aufgrund des begrenzten Problemumfangs, den sie bewältigen können, jedoch keine praktische Bedeutung. Daher ist ein Rückgriff auf heuristische Lösungsmethoden notwendig. Aber auch deren Praxistauglichkeit wird in der Literatur kritisch gesehen. Aufgrund der extrem hohen Komplexität des Planungsproblems wird eine interaktive, dialoggestützte Vorgehensweise, bei der der Disponent verschiedene Produktionspläne durchspielen kann, bevor er sich für eine Alternative entscheidet, vielfach für zweckmäßiger gehalten. Dieses Vorgehen ist auch in der Praxis weit verbreitet [Hoitsch 1993, S. 463; Zäpfel 2001, S. 193; Kurbel 2016, S. 131; Fandel/Fistek/Stütz 2011, S. 687]. LiteraturFandel, Günter; Fistek, Allegra; Stütz, Sebastian: Produktionsmanagement. 2. Auflage. Springer : Berlin/Heidelberg 2011. Günther, Hans-Otto; Tempelmeier, Horst: Produktion und Logistik. 9. Auflage. Springer : Berlin/Heidelberg 2012. Hoitsch, Hans-Jörg: Produktionswirtschaft. 2. Auflage. Vahlen : München 1993. Kiener, Stefan; Maier-Scheubeck, Nicolas; Obermaier, Robert; Weiß, Manfred: Produktions-Management. 10. Auflage. Oldenbourg : München 2012. Kurbel, Karl: Enterprise Resource Planning und Supply Chain Management in der Industrie. 8. Auflage. De Gruyter : Berlin/Boston 2016. Nebl, Theodor: Produktionswirtschaft. 7. Auflage. Oldenbourg : München 2011. Schweitzer, Marcell (Hrsg.): Industriebetriebslehre. 2. Auflage. Vahlen : München 1994. Vahrenkamp, Richard: Produktionsmanagement. 6. Auflage. Oldenbourg : München 2008. Zäpfel, Günther: Grundzüge des Produktions- und Logistikmanagement. 2. Auflage. Oldenbourg : München/Wien 2001. Zäpfel, Günther: Produktionswirtschaft. De Gruyter : Berlin/New York 1982. Zimmermann, Jürgen; Stark, Christoph; Rieck, Julia: Projektplanung. 2. Auflage. Springer : Berlin/Heidelberg 2010. Autor![]() Prof. Dr. Christoph Siepermann, Hochschule Albstadt-Sigmaringen, Fakultät 2 - Business and Computer Science, Studiengang BWL, Anton-Günther-Str. 51/6, 72488 Sigmaringen |